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18.05.2022

Schicksal der Gemeinde Gleiritsch hängt bei der Gebietsreform am seidenen Faden

Bei der Gebietsreform vor 50 Jahren schwebt das Damoklesschwert der Gemeindeauflösung über Gleiritsch, der personenmäßig kleinsten Gemeinde in der Oberpfalz. Zeitzeuge Ludwig Köppl erinnert sich.

Nach der 1969 in der Gemeinde Gleiritsch begonnenen und 1972 abgeschlossenen geografischen Flurbereinigung begann 1972 die „politische Flurbereinigung“, heute noch als Gebietsreform bekannt, die an Gleiritsch nicht spurlos vorüber zu gehen schien. Der gebürtige Lampenrichter Ludwig Köppl hat die Entwicklung hautnah miterlebt. Der 75-jährige Architekt war damals Gemeinderatsmitglied und zog Mitte der 70er Jahre nach Wernberg-Köblitz.

Der damalige bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel, der bis heute am längsten amtierende Ministerpräsident Bayerns (1962 bis 1978), kündigte 1967 in seiner Regierungserklärung die Gebietsreform als wichtigste innenpolitische Aufgabe an. Ziel war die Schaffung von Landkreisen und Gemeinden, deren Leistungsfähigkeit durch Zusammenlegung verbessert werden sollte. So entstanden im Jahre 1972 aus vorher 143 Landkreisen 71 neue Zusammenschlüsse. Von den 48 kreisfreien Städten mussten insgesamt 23 Federn lassen. Als kleines Bonbon durften diese von nun an den Titel „Große Kreisstadt“ tragen. Vor 50 Jahren, am 1. Juli 1972, schlug die Geburtsstunde des neuen Großlandkreises Schwandorf, in dem die früheren Kreise Burglengenfeld, Nabburg, Neunburg vorm Wald, Oberviechtach und Schwandorf aufgingen.

Gravierende Eingriffe

Nicht minder heftige Eingriffe kamen auf die bayerischen Gemeinden zu. Kleingemeinden unter 2000 Einwohnern, mehr als dreiviertel aller Gebietskörperschaften zur damaligen Zeit, sollten in der Reform umstrukturiert werden, um verwaltungstechnisch effizienter arbeiten zu können. Von den 6962 Gemeinden Bayerns blieben am Ende noch 2051 Kommunen übrig.

"Der Gleiritscher Bürgermeister Hans Dirmeier und die meisten Gemeinderäte hatten sehr schnell erkannt, dass die kommunale Eigenständigkeit der Gemeinde Gleiritsch durch die Reform am seidenen Faden hing. Als bevölkerungsmäßig kleinste Gemeinde der Oberpfalz war man meilenweit von der geforderten Zweitausender Bevölkerungsgrenze entfernt", erzählt der heute in Wernberg lebende, noch einzige Zeitzeuge Ludwig Köppl gegenüber Oberpfalzmedien.

Schwandorf "Niemandsland"

Der sich ankündigende Großlandkreis Schwandorf habe bei einem Großteil der Gemeindebevölkerung eher Skepsis als Begeisterung hervorgerufen. Eine öffentliche Verkehrsanbindung bestand in Richtung Weiden und als übergeordnete Einkaufsstadt fuhren die Gleiritscher „in d‘ Weihn eih“ zum Witt oder Hertie. Schwandorf sei da eher schwer zu erreichendes „Niemandsland“ gewesen.

Die beabsichtigte Angliederung der Gemeinde Gleiritsch an die Teunzer Gebietskörperschaft erhitzte die Gemüter am Fuße des Katzensteins. Die Ortschaft Lampenricht beabsichtigte den Austritt aus der Gemeinde Gleiritsch und wollte sich an den Markt Tännesberg anschließen, um das Schreckgespenst „Landkreis Schwandorf“ zu vertreiben. Wie Ludwig Köppl berichtet, holte ihn ein Anruf des damaligen Bürgermeisters Hans Dirmeier von seiner Arbeitsstelle in Weiden weg, um von da aus direkt nach München zu fahren. "Bereits zuvor hatte sich der Gleiritscher Gemeinderat durch eine Petition für den Erhalt der Gemeinde stark gemacht", erinnert sich Köppl. Die beiden Gleiritscher erläuterten ihre Vorstellungen von einem Weiterbestand der Gemeinde Gleiritsch durch einen Zusammenschluss mit anderen Gemeinden in der Landeshauptstadt. Ihre Mühen waren vom Erfolg gekrönt.

In diesem Zusammenhang ist für Köppl erwähnenswert, dass der Wahlkreis des damaligen Ministerpräsidenten Goppel der heutige Altlandkreis Oberviechtach war. "Goppel kannte den Ort Gleiritsch persönlich, da er 1967 beim Kriegerverein die Schirmherrschaft übernommen hatte. Einige Monate zuvor hatte er seine Regierungserklärung zur Gebietsreform abgegeben." Ob zwischen dieser Tatsache und dem Fortbestand der damals kleinsten Gemeinde in der Oberpfalz ein Zusammenhang besteht?

Durch Rechtsverordnung der Regierung der Oberpfalz entstand am 1. Januar 1974 die Verwaltungsgemeinschaft Oberviechtach mit den Mitgliedsgemeinden Gleiritsch, Niedermurach, Teunz und Winklarn. Heute sind es über 5000 Einwohner, die dem Verbund angehören.

Autor/in: Alois Köppl; Bilder Alois Köppl
Quelle: ONETZ

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