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28.03.2021

Gleiritscher Jäger erregt bayernweites Aufsehen

Das Landgericht Oberviechtach entstand im Jahre 1840. Blättert man in alten Zeitungen, sticht ein bayernweit Aufmerksamkeit erregender Fall, der am Landgericht Oberviechtach 1849 seinen Anfang nahm, besonders ins Auge.

Mehrere Gazetten, wie die „Donau Zeitung“, „Bayerische Landbötin“ oder die „Neue Münchner Zeitung“ berichteten im Jahre 1850 ausführlich darüber. Es ging um Bigamie, also Doppelehe. „Ein Verbrechen, das in den Annalen der bayerischen Strafrechtspflege gewiss zu den ganz seltenen gehört“ (Zitat: Donau Zeitung, 30. Januar 1850) war Gegenstand einer ersten Verhandlung im Oberviechtacher Landgericht, der weitere Berufungsverhandlungen in Regensburg und Amberg folgten. Vier bis acht Jahre Zuchthaus standen für das Vergehen, das auch heute noch ein Straftatbestand nach § 172 Strafgesetzbuch ist, damals im Raum.

Was war passiert? Der 1801 in Hinterbuch (Schwaben) geborene Georg Waldner, der seit 1826 als Revierjäger im Dienste des Grafen Stauffenberg stand, heiratete am 16. Mai 1826 die knapp 14 Jahre ältere Witwe seines Vorgängers auf der Jägerstelle.  Die neue Gattin Theresia Schindelmann brachte fünf Kinder mit in die Ehe, ein sechstes aus der neuen Verbindung gesellte sich im Folgejahr dazu. Da die Beziehung unter keinem besonders guten Stern zu stehen schien, verließ Waldner kurz nach dem „verflixten siebten Ehejahr“ seine Familie. In der Zwischenzeit hatte er seine Anstellung verloren, wirtschaftlich ging es bergab. „Nachdem Alles gar war“, wie es Waldner formulierte, machte er sich auf die Suche nach einer neuen Tätigkeit. Nach einigen Zwischenstationen verschlug es ihn nach Guteneck, wo der Graf von Kreith, damals Hofmarksherr über Guteneck und Gleiritsch, aufgrund der guten Zeugnisse ihm die Förster- und Jägerstelle in Gleiritsch anvertraute. Das zu betreuende Revier umfasste das heute noch zusammenhängende Gebiet zwischen Gleiritsch und Zeinried, vielen als „Plassenberg“ bekannt. Vor einigen Jahren führte ein Streckenteil des Landkreislaufes durch das Waldstück.

Die Gleiritscher Stelle war wegen Todes des bisherigen Amtsinhabers vakant. Allerdings hatte die Sache einen Haken, der Waldner schlussendlich hinter Gitter brachte. Damit Graf von Kreith keine Rentenzahlungen an die Witwe Walz leisten musste, sollte Waldner die Frau einfach heiraten und sich um deren sechs Kinder kümmern. Wirtschaftliche Absicherung war ein entscheidender Faktor bei einer Ehe zur damaligen Zeit. Die Alternative dazu hieß „Kloster“, allerdings nicht mit Kindern. Der Satz „nach dem siebten Kind mögen sie sich schon“ spiegelt den Zeitgeist wider und kommt nicht von ungefähr. Der Witwe wurde angedeutet, dass sie ihre Tätigkeit verlieren könnte, falls sie die Ehe ausschlagen sollte. Die Verehelichungserlaubnis, zur damaligen Zeit üblich, wurde auf gräfliches Betreiben beschleunigt erteilt. Waldner verschwieg seine erste, noch rechtmäßig geschlossene Ehe und so trat er am 16. Februar 1844 in Weidenthal vor den Traualtar. Das Unglück nahm seinen Lauf.

Im April 1849 kam das Bestehen der noch gültigen ersten Ehe ans Tageslicht. Das Ehegericht des Ordinariats Regensburg annullierte die zweite Verbindung und das „Landgericht Oberviechtach, in dessen Bezirke Gleiritsch liegt“, so steht im Sitzungsbericht der bayerischen Strafgerichte aus dem Jahre 1850 zu lesen, leitete „eine strafrechtliche Untersuchung wegen Bigamie“ ein. Bei einer weiteren Verhandlung am Regensburger Kreis- und Stadtgericht gelang es dem Verteidiger Waldners, die Angelegenheit als grobe Fahrlässigkeit seines Mandanten darzustellen, der im Glauben war, dass seine erste Ehefrau bereits gestorben wäre. Das Gericht folgte der Argumentation des Advokaten und verhängte eine „sechsmonatige Gefängnisstrafe“, wie die „Donau-Zeitung“ am 30. Januar 1850 vermeldete. Da die Staatsanwaltschaft aber in Berufung ging, entschied das Berufungsgericht für die Oberpfalz und Regensburg auf vier Jahre Arbeitshausstrafe, bei der die Verurteilten produktiv zum Wohle der Staatskasse eingesetzt waren. Da Waldner auch nach der zweiten Eheschließung brieflich Kontakt zu seiner ersten Frau gesucht hatte, erschien die Darstellung der groben Fahrlässigkeit als unglaubwürdig.

Autor/in: Alois Köppl
Quelle: ONETZ

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